Klienstraße

1909 benannt. Fortsetzung der Kaulbachstraße über die Bahnunterführung beim Spital entlang der Bahnlinie, verengt sich zu einem Fußweg und mündet in den Stockenweg. Ursprünglich Privatstraße, wurde sie am 16. August 1972 ins gemeindeeigene Straßennetz übernommen.

Familie Klien („Ziegler“ Klien), seit 1891

Ferdinand Klien („Spellis“) wurde am 30. Juni 1853 in Hohenems-Reute geboren. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete er als junger Mann in der Ziegelei des heutigen Großunternehmens Schmidheiny in Heerbrugg in der Schweiz und brachte es durch Fleiß und Tüchtigkeit zum Zieglermeister. Als Fachmann erkannte er die Möglichkeiten, die sich unter der dünnen Humusschicht vieler Böden in Hohenems boten. So begann er systematisch, Grundparzellen im Wasen und im Kaplanmahd zu kaufen. Der Ortsteil Wasen war durch den Bau der Eisenbahn geteilt worden, auch Gebiete ober der Bahn gehörten damals zum Wasen. Dort begann Ferdinand Klien im Jahr 1891, seine Ziegelei zu errichten und in Betrieb zu nehmen.

Im Lauf der nächsten drei Jahrzehnte erwarb er weitere Grundstücke im Oberen Wasen, im Witzke und im Buch. Das war notwendig, denn die Gewinnung von brauchbarem Lehm beansprucht große Flächen, da mit zunehmender Tiefe dem Lehmabbau Grenzen gesetzt sind. Im Oberen Wasen, im Bereich der heutigen Hugo-von-Montfort-Straße, und im Buch, in der Nähe des ehemaligen Mauthauses, wurde vor allem Dachziegellehm abgebaut. Dies ging hauptsächlich im Winter vor sich, und der Lehm wurde bei  Schneefahrbahn mit Hornerschlitten, von Pferden gezogen, zur Ziegelei transportiert.

Die Dampfziegelei – eine Dampfmaschine diente als Antriebskraft – wurde von Ferdinand Klien durch Um- und Anbau, durch Schaffung eines Trockenschuppens und einer Remise zwischen 1894 und 1897 bedeutend erweitert. Ab 1906 lieferten Elektromotoren die nötige Antriebskraft. Das Lehmmaterial kam mittels Rollwagen aus den Lehmgruben, wurde mit Hilfe eines Drahtseilaufzuges über eine Schrägbahn in die Höhe gezogen und über die Hochbahn in die Lehmschuppen befördert. Eine neue Schlämmanlage sorgte für die Reinigung des Lehmmaterials.

Ob Dachziegel- oder Bauziegellehm, das abgebaute Material wurde zuerst gelagert, dann in die gewünschte Form gepresst, an der Luft in großen, überdachten Gestellen getrocknet und schließlich im riesigen Ofen bei etwa 950 Grad Celsius gebrannt.

Zum raschen Abtransport der Ziegel wurde zu Beginn dieses Jahrhunderts von Ferdinand Klien nach Ankauf der Grundstücke entlang der Bahnlinie der Bau eines privaten Nebengleises der Eisenbahn finanziert, ebenso ließ er die nach ihm benannte private Klienstraße erbauen und erhalten.

Die Ziegelei Klien bot vielen Emsern Arbeit und Verdienst, aber auch „Italiener“ aus Welschtirol wurden eingestellt und bildeten bald den Hauptteil der Arbeitskräfte. Schienen im Hohenemser Meldebuch im Jahr 1898 sieben Ziegeleiarbeiter aus Welschtirol bei Ferdinand Klien auf, so waren es um 1900 bereits 40 Arbeitskräfte mit italienischer Muttersprache. Für diese Saisonarbeiter wurde 1907 in einem eigens
errichteten Haus im Ziegeleigelände (Klienstraße 13) Wohnraum geschaffen.

Ferdinand Klien, mit Helene, geborene Amann, verheiratet und Vater dreier Kinder, wohnte zuerst im Haus Wasen Nr. 650 (besteht nicht mehr), seit 1910 im Haus Klienstraße 10, das durch einen Anbau erweitert worden war. Im gleichen Jahr stellte er den Antrag auf Baubewilligung für das Haus Klienstraße 5, das auch gebaut und seither von verschiedenen Familien bewohnt wurde. Schon 1894 war auf dem Ziegeleigelände das Haus Klienstraße 11 erbaut und bald darauf umgebaut worden. Ein 1898 gebauter Stall beim Haus Klienstraße 11 diente der Unterbringung der Pferde und etlicher Kühe.

Neben Familie, Ziegeleibetrieb und kleiner Landwirtschaft interessierte sich Ferdinand Klien aktiv für die Gemeindepolitik. Zwischen 1894 und 1913 wurde er sechsmal im 1. Wahlkörper in die Gemeindevertretung gewählt. In dieser politisch recht unruhigen Zeit in Hohenems wurde trotz vieler Schwierigkeiten und Widerstände Großartiges zum Wohl der Bürger geleistet, zum Beispiel Wildbachverbauung, Badeanstalt, Schulhausbau, Wasserleitung, Elektrifizierung, Spitalbau, Straßenbau und anderes.

Knapp vor seinem Tod am 18. Dezember 1926 übergab Ferdinand Klien seinem Sohn Eugen (1892 – 1951) die „Ziegelfabrik mit Lehmgrube, Trockenanlage, Kohlenschupfe, Trockenofen und Wirtschaftsgebäude“, dazu alle anderen Gebäude und Liegenschaften.

Eugen Klien führte die Ziegelei in wirtschaftlich schwierigen Zeiten (Zwischenkriegszeit mit Weltwirtschaftskrise 1929, Zweiter Weltkrieg, erste Nachkriegsjahre), trotzdem konnte er durch Grundstückskäufe den Betrieb vergrößern. Auch die kleine Landwirtschaft führte er weiter. Er war verheiratet mit Paula, geborene Schädler, die drei Kindern das Leben schenkte. Am 24. Oktober 1951 starb Eugen Klien.

Sein Sohn Karl Klien (geboren 1924), verheiratet mit Hedi, geborene Hillinger, führte den Betrieb weiter.  In der wirtschaftlichen Blütezeit der fünfziger und sechziger Jahre vergrößerte und modernisierte er den Ziegeleibetrieb. Anstelle der vielen Arbeiter in der Lehmgrube gewann ab 1956 ein Kettenbagger, später ein Greifer das Rohmaterial. Die Ziegel wurden mit Hubstaplern transportiert. Eine betriebseigene Schlosserei sorgte für die Instandhaltung der Maschinen. Die Zahl der Arbeiter war durch die Mechanisierung des Betriebes auf 20 bis 25 gesunken.

Die höheren Anforderungen, die an das Baumaterial Ziegel gestellt wurden einerseits, die immer schlechter werdende Qualität des Rohstoffes Lehm und schließlich die völlige Erschöpfung der zur Verfügung stehenden Vorräte anderseits führten zur Einstellung des Betriebes am 31. Dezember 1967. Heute ist das „Luamloch“, allerdings zum größten Teil eingezäunt, eine urwüchsige Naturlandschaft.

Heribert Fenkart, 1984

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