Im Tiergarten

1967 benannt. Abzweigung von der Erlachstraße zu mehreren großen Wohnblöcken. Sackgasse.

Die Straße wurde nach dem gleichlautenden Flurnamen benannt, der von dem ehemaligen gräflichen sogenannten unteren Tiergarten stammt. Graf Kaspar ließ nämlich nach 1600 mehrere Tiergärten anlegen.  Einer davon, der obere oder Judentiergarten, befand sich südlich des Emsbaches zwischen dem Lusthaus (heute Raiffeisenbank) und dem Gebiet der heutigen Bahnlinie im Heidenfeld. Dort gab es zahlreiche Ziergärten, Brunnen, Fischweiher und Vogelhäuser. In Gewächskübeln wuchsen südländische Pflanzen wie „Pomeranzen“ (Orangen), Feigen, Lemonen, Granatäpfel, Lorbeer, Jasmin und Zwergbäume. Auf den Weihern schaukelten Schwäne und vielerlei Enten und an deren Ufern stolzierten Reiher. Aus den großen Vogelhäusern erklang hundertfacher Gesang der Nachtigallen, Zeisige, Singfinken und Kanarienvögel.  Daneben gab es Auerhähne, Spielhähne, „indianische“ Hennen und Hahnen, Hasel- und Schneehühner, welsche Hahnen, Turteltauben, Amseln und Eulen. 1620 sandte Erzherzog Leopold als Dank für die ihm in Hohenems erwiesene Gastfreundschaft aus dem Innsbrucker Hofgarten vier seltene weiße Fasane, für die ein eigener Fasanensaal eingerichtet wurde. Diese ganzen Anlagen müssen sehr schön gewesen sein, sonst hätte sie der Bündner Geschichtsschreiber und Geograph Johann Guler von Weineck nicht mit einem irdischen Paradies verglichen.

Ein weiterer großer Tiergarten erstreckte sich nördlich der Kirche zwischen dem bewaldeten Schlossberg und dem Erlach bis hinunter nach Bagolten im heutigen Unterklien. Hier stürzten von der Buchenau und der Emserreute mehrere Bäche in rauschenden Wasserfällen zu Tal. Graf Kaspar nannte das Gebiet Hellbrunn, wohl in Anlehnung an die heute noch berühmten Anlagen seines Bruders, des Salzburger Erzbischofs Markus Sittikus. Er ließ den Hain gegen das Ried hinaus mit Mauern und Pforten verschließen und vier gemauerte Lusthäuschen errichten, die er Waldegg, Moosegg, Mittleregg und Underegg nannte. Ein neuer Weiher und mehrere Gräben vervollständigten die Anlage. 1621/23 wurden in Richtung Unterklien zwei weitere Tiergärten errichtet, die mit „tänninen“ Steckenzäunen eingefasst waren und in denen weitere gemauerte und hölzerne Lusthäuschen, Wasserfälle, Gräben und ein Tierwärterhaus zu finden waren. Diese drei Anlagen kosteten allein 3400 Gulden, eine für die damalige Zeit sehr hohe Summe. Die Tiere für seine Gärten bezog der Graf aus dem ganzen Land sowie aus Liechtenstein und aus Süddeutschland. So erhielt er im Jahr 1607 Hirsche aus dem Nenzinger Himmel und 1610 einen aus Bludenz. 1613 brachte ihm ein Schiffsmann aus Staad zwei Damhirsche von der Insel Mainau. Weitere Hirsche erhielt er aus dem Bregenzerwald, dem Saminatal und vom Herrn von Raitnau. Die Gemsen kamen hauptsächlich aus dem heutigen Liechtenstein. Außerdem lebten in diesen Tiergärten Murmeltiere, Hasen, Wildschweine und Ottern. Die Pflege der Tiere war fix besoldeten Tierwärtern anvertraut, die überdies für erlegtes Raubwild, wie Wiesel, Steinmarder, Iltis, Raubvögel, Eulen und dergleichen Abschussprämien erhielten.

Unter den Nachfolgern Graf Kaspars begann sehr bald eine Schuldenwirtschaft, wodurch die Tiergärten verluderten. Heute ist der ehemalige obere Tiergarten im Heidenfeld restlos verbaut, im südlichsten Teil des unteren Tiergartens, gleich hinter der Pfarrkirche, ist der Stadtfriedhof. Wenn auch der Tiergarten verschwunden ist, so lebt er doch in der Erinnerung in Form des Flurnamens und der gleichnamigen Straße weiter.

Bernhard Babutzky, 1984

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