Bahnhofstraße

1909 benannt. Verbindung von der Kaiser-Franz-Josef-Straße zur Angelika-Kauffmann-Straße. Landesstraße L 190.

Die Bahnhofstraße ist Teil einer sehr alten Straßenverbindung vom Herrschaftszentrum durch ein mehrfach erwähntes Tor bei der Kapelle Sankt Karl nach Bauern und zur „Rheinstraße“, die von Fußach nach Feldkirch führte. Durch den Bau der christlichen Armenversorgungsanstalt im Jahr 1852 erlangte diese Straße auch innerörtlich größere Bedeutung.

Die Bezeichnung Bahnhofstraße ist naturgemäß mit dem Bau des Bahnhofs, dieser wiederum mit dem der Bahnlinie verknüpft. Die Bemühungen um Eisenbahnverbindungen auch für das Land Vorarlberg gehen in die vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück, wobei ab dem Jahr 1847 der Feldkircher Industrielle Carl Ganahl sich besonders hervortat. Obwohl in der Zeit von 1850 bis 1855 von Stuttgart, München und Zürich ausgehende Bahnlinien den Bodensee erreichten, wurden auf Vorarlberger Gebiet noch keine konkreten Schritte unternommen.

Der Vorstoß des Bankhauses der Gebrüder Rothschild in Paris, 1857 die Konzession für die Bahnlinie Lindau – Bregenz und weiter durch das Schweizer Rheintal zu erhalten, wurde vom Handelsministerium zunächst abgelehnt. Man verwies darauf, dass es im österreichischen Interesse liege, auch die wichtigsten Punkte Vorarlbergs in das Bahnnetz anzuschließen. Wenn auch das k. u. k. Handelsministerium eine Lösung für die nahe Zukunft in Aussicht stellte, so dauerte es doch noch zwölf Jahre, bis der Bau der Strecke Bregenz – Bludenz im Jahr 1869 von der Regierung bewilligt wurde. Diese wurde am 1. Juli 1872 als „k. k. priv. Vorarlberger Bahn“ feierlich eröffnet.

Der Bahnbau stellte auch an die beiden Hohenemser Gemeindevertretungen – damals bestanden getrennte Gemeinde-Vertretungen für die christlichen und für die jüdischen Bewohner – die Frage nach dem zukünftigen Standort des Bahnhofs. Dabei wurden von der Begehungskommission der Regierung im Oktober 1869 den Hohenemsern zwei Vorschläge unterbreitet. Erstens zwischen der „Cichorienfabrik“ (Angelika-Kauffmann-Straße 1, Gasthof „Nibelungenstuben“) und dem Emsbach, zweitens im Gebiet des „Capellele“ (heute: Bahnunterführung Hattangerweg). Für den zweiten Platz wurden als besondere Vorteile die Bequemlichkeit für die Israelitengemeinde und die Bewohner des Gebietes bis zur Kirche, keine Überschwemmungsgefahr und der Weiterbestand des Ablagerungsplatzes beim Bach angeführt, außerdem seien die Kosten der Aufschüttung kaum höher als „beim sumpfigen Herrenried“.

Nachdem in einer beratenden Sitzung verschiedener Industrieller und Handels- und Gewerbetreibender der Platz beim „Capellele“ den Vorzug erhalten hatte und offensichtlich die positive Stellungnahme zu diesem Platz durch die Israelitische Gemeindevertretung den Ausschlag geben sollte, kam es zu heftigen Protesten seitens der christlichen Vertretung.

In einer gemeinsamen Sitzung der beiden Gemeindevertretungen blieb schließlich Marco Brunner der einzige, der den Bahnhof lieber beim „Capellele“ sehen wollte. Damit wurde offenbar der günstigeren Lage „zum Hauptplatz und zum Schwefel“ der Vorzug gegeben, während Marco Brunner einen Teil seines Grundstücks für den Bau des Bahnhofs an dieser Stelle abgeben musste. Mit diesem Beschluss übernahmen die Gemeinden auch die Verpflichtung, folgende Bedingungen zu erfüllen: Errichtung einer befahrbaren Verbindungsstraße mit Überbrückung des Emsbachs von der Lustenauer Straße her; Sicherung des Bachufers und Einengung des Bachbettes wie des Ablagerungsplatzes.

Mit diesem Beschluss war auch der Plan gefallen, die Bahn in zwei großen Kurven unterhalb der „Stärkefabrik Hornung“ (heute Firma „efef“) zum Bahnhof beim „Capellele“ zu führen. Offenbar als versöhnende Geste übersandte Marco Brunner der christlichen Gemeindevertretung 500 Gulden „zur freien Verfügung“, angeblich um damit die Erlaubnis zur Errichtung eines Brunnens bei seinem Haus abzugelten.

Nachdem am 7. Oktober 1870 die Bewilligung für das Bahnhofsgebäude, das sich gegenüber der Einmündung der später erbauten Graf-Maximilian-Straße befand, erteilt wurde, ging man im Jahr 1872 auch daran, die bereits bestehende Straße zum Armenhaus in gerader Linie bis zur Zichorienfabrik weiter auszubauen. Bis dahin bestand dort offenbar ein Weg, dessen Weiterführung ins Herrenried durch den Bahnbau unterbrochen wurde. In der Gabelung zwischen der Straße nach Bauern und dem neuen Teil der Bahnhofstraße befand sich zu diesem Zeitpunkt eine Ziegelfabrik. Seit dem Jahr 1890 sind auch verschiedene Initiativen zum Bau einer Straßenbahn oder für einen Autobusverkehr nach Berneck beziehungsweise Diepoldsau, Heerbrugg bekannt.

Nach und nach entstanden mehr Wohn- und Geschäftsgebäude an dieser Straße, sowie auch das Gebäude der Firma Amann, das als ein hervorragender Bau des Architekten Hans Kornberger (erbaut 1910/11) gilt. Mit dem Ausbau im Jahr 1977 und der Errichtung beziehungsweise Erweiterung neuer Geschäfts- und Wohnbauten erhielt die Bahnhofstraße ihr heutiges Aussehen. Dafür mussten das Sennereigebäude (im Jahr 1979 abgebrochen) und das traditionsreiche Gasthaus „Hecht“ weichen.

Norbert Häfele, 1984, 2023 leicht aktualisiert

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