1909 benannt. „Vom Kreuz abwärts”, wie die alte Bezeichnung für diese Straße hieß, zweigt sie von der Kaiser-Franz-Josef-Straße ab und mündet in die Kaiserin-Elisabeth-Straße.
August Reis 1861 – 1904
August Reis wurde am 2. Februar 1861 als Sohn des Kaufmannes und späteren Fabriksbesitzers (oberste Fabrik an der Sägerstraße) Johann Georg Reis in Hohenems geboren. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er die Handelsschule in Lindau. Als erste öffentliche Funktion übernahm August Reis die Führung des Verschönerungsvereins, auch im 1885 gegründeten Turnverein wurde er der erste Vorstand. Obwohl die industriellen und kaufmännischen Unternehmen der Firma J. G. Reis, an deren Spitze er nach dem Tod des Vaters (1891) getreten war, seine Kräfte stark beanspruchten, arbeitete er seit 1894 mit großem Einsatz und voller Ideen als gewählter Gemeinderat im Gemeindevorstand. Er war der neue führende Kopf der Liberalen, aber auch die Konservativen schätzten ihn als sehr tatkräftigen und doch friedlichen Mann, der größtmögliche Gerechtigkeit übe.
Dieser hochgeschätzte Mann wurde zwei Jahre später, am 15. April 1896, für die restliche Wahlperiode durch einstimmige Wahl zum neuen Bürgermeister von Hohenems gewählt. Er sah sich großen Aufgaben gegenüber, die er unverzagt in Angriff nahm und die er teils auch verwirklichte, teils deren Lösung vorbereitete.
So wurden die Emser Bäche mit ihren drohenden Murbrüchen und Überschwemmungen ab 1896 als erste in Vorarlberg verbaut, weil laut Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweiz jene Wildbäche zuerst reguliert werden mussten, die Geschiebezubringer des Rheins waren.
Schon wenige Monate nach Amtsantritt musste sich Bürgermeister August Reis mit dem Bau eines neuen Volksschulgebäudes befassen. Die Zustände im fast 70 Jahre alten Schulhaus verstießen gegen die gesetzlichen Vorschriften, so wurde zum Beispiel in fünf Klassen die vorgeschriebene Höchstzahl von 80(!) Schülern überschritten, zwei Klassen zählten sogar weit über 100 Schüler. Hinter dem alten Schulhaus wurde auf einem eingetauschten Grundstück aus der Pfarrpfründe die neue Knabenvolksschule errichtet und am 11. November 1899 feierlich geweiht und eröffnet.
Die Einführung eines Leichenwagens zur Bestattung der Verstorbenen, die Anlage des Gemeindearchivs, der Ankauf der Alpe Platten und der Bau der Kaiserin-Elisabeth-Straße mit der Verbindung zur Bundesstraße beim „Kreuz“ gehören zu den bemerkenswerten Leistungen des Bürgermeisters. Er schuf auch günstige Voraussetzungen für den Bau eines Krankenhauses.
Die Trinkwasserversorgung, durch Jahre hindurch geplant und wieder verworfen, wurde von August Reis mit zäher Ausdauer vorangetrieben. Durch Erschließung neuer Quellen in der Ledi, den Bau des Wasserwerkes und die Verlegung von 13 Kilometern Rohrleitungen wurden ab dem Jahr 1904 insgesamt 350 Häuser, 30 öffentliche Brunnen und 67 Hydranten im dichter besiedelten Teil der Gemeinde mit Trinkwasser versorgt. Die Vorausberechnungen des Wasserverbrauches trafen erstaunlich genau ein. Etwa fünf Jahrzehnte lang lieferte diese vorbildliche Hochdruckwasserleitung trotz sprunghafter Zunahme der Bevölkerung genügend Trinkwasser.
August Reis hatte schon 1894 maßgeblichen Anteil an dem auf 20 Jahre befristeten Pachtvertrag mit Graf Clemens Waldburg-Zeil-Hohenems über den gräflichen Schellenbühel-Weiher, wo die erste Emser Badeanstalt (heute: Hauptschule Markt) entstand. Er bemühte sich sehr um die Rheinregulierung und um die Verbindung mit der Schweiz durch den Bau einer Brücke über den Rhein nach Diepoldsau. Auch die Regulierung des Koblacher Kanals war ihm ein wichtiges Anliegen. Er hegte den Plan, Hohenems mit elektrischem Licht zu versorgen, und er leistete wichtige Vorarbeiten zu diesem großen Vorhaben, das schon ein Jahr nach seinem Tod verwirklicht wurde.
August Reis – er war in den Jahren 1897 und 1900 mit 28 von 30 Stimmen der Gemeindevertreter, 1903 mit 22 von 30 Stimmen als Bürgermeister wiedergewählt worden – hatte im Gemeindeausschuss alle Hände voll zu tun, die Hitzköpfe in Schach zu halten, denn die politischen Gegner bekämpften einander mit allen Mitteln. Er suchte vor allem in den ersten Jahren seiner Arbeit als Bürgermeister den Ausgleich zwischen den verschiedenen Meinungen, was mit zunehmender Radikalisierung der politischen Gruppierungen immer weniger geschätzt wurde, ja einfach nicht mehr möglich war. Es traf ihn sicher schwer, als er vom k. k. Kreisgericht in Feldkirch in einem Vergleich zur Zahlung des halben Schadens verpflichtet wurde, den die Gemeinde 1902 durch den Brand der nicht versicherten Alphütte Süns erlitten hatte.
Völlig unerwartet starb Bürgermeister August Reis am 16. Februar 1904 im Alter von 43 Jahren. In kaum achtjähriger Amtszeit hatte er erstaunliche Leistungen zum Wohl der Bürger von Hohenems erbracht, und zur Erinnerung an seine Verdienste erhielt die Fortsetzung der von ihm geschaffenen Kaiserin-Elisabeth-Straße seinen Namen: August-Reis-Straße.
Heribert Fenkart, 1984