In den Reben

1971 benannt. Abzweigung von der Baumgartenstraße. Eine kleine und steile Sackgasse, die vorläufig nur zu einem Haus führt. Privatweg.

Dieser kleine Weg führt durch einen verhältnismäßig steilen Südhang zwischen dem „Vogelherd“ und dem „Bomat„, an dem vor Jahrhunderten Wein angebaut wurde und der ein Teil des sogenannten „niedern“ Berges war. Er gehörte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts dem Goswin von Ems und wurde unter seinen Töchtern Verena und Margarethe, die mit den Brüdern Hans und Ulrich von Altmannshofen verheiratet waren, ein österreichisches Lehen. Später kam der Weingarten durch Heirat an die Herren von Landau und nach deren Aussterben 1601 an die Grafen von Ems. Der Lehenszins betrug damals den halben Ertrag des Weinberges (genauere Angaben zum niedern Berg siehe unter „Lehenstraße„).

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde im Vorarlberger Rheintal noch viel Wein angebaut. Graf Kaspar brauchte für seine 80 Personen umfassende Hofhaltung stets einen gut gefüllten Weinkeller. Er war daher immer bemüht, seine Weingärten zu vermehren und bestens pflegen zu lassen. Was er nicht für den Eigenbedarf benötigte, wurde „versilbert“, um einen Ersatz für etwa ausbleibende Zinse von den Pfandschaften zu haben. Der Weinberg am niedern Berg war in Hohenems einer der kleinsten. Größere Weinberge waren auf dem „Ainfirst“, im Hofer (einem Teil des Weilerhofes), auf „Küenisberg“ (Parzelle Berg), auf dem obern Berg (Schütz) und am Südabhang des Schlossberges. Graf Kaspar besaß aber auch große Weingärten am Sattelberg bei Klaus, am Südabhang des Kummenberges, in Vaduz und Schellenberg sowie am Monstein, einem Ausläufer der Sankt Galler Voralpen gegenüber Lustenau. Der beste Wein wuchs am Sattelberg. Dieser Weingarten hatte eine Größe von 63 Pfundlohn Reben, was einer Fläche von 2 ha 72 a entsprach. Ein Pfundlohn war eine Weingartenfläche von 4,31 a, für deren Bearbeitung man ein Pfund Pfennig bezahlte.

Die Pflege der einzelnen Weingärten war fest angestellten Bauleuten anvertraut. Was diese zu tun hatten, soll am Beispiel des Weingartens am Schlossberghang aufgezeigt werden. In den Jahren 1625/26 ließ Graf Kaspar am Südabhang des Schlossberges um 800 Gulden eine Weinhalde anlegen. Wegen der Steilheit des Geländes mussten zunächst in mehreren Etagen Mauern errichtet werden, um das Gefälle zu mindern. Diese Mauern sieht man heute noch, wenn man den Fußweg von der unteren Burgstraße unter der „Boppa“ vorbei zur Ruine Altems geht. Aus Emsreute brachte man mehrere Fuder Stickel (tännene Stecken zum Aufbinden der Reben) und einige Burdinen Band zum Anbinden der Reben. Vom Monstein lieferten Gallus, Hans und Jakob Zeller 1344 Stück Setzreben und ein Lindauer lieferte 31 Fruchtbäume. Am 1.  Februar 1637 bestellte Graf Kaspar einen Hans Schegg von Götzis zum Baumann dieser Weinhalde. Er bekam eine Wohnung, einen Krautacker, das Abholz aus dem Einfang, monatlich acht Gulden sowie zwei Gulden Teuerungszulage. Dafür musste er mit Weib und Sohn die Halde fleißig bauen, pflanzen, schneiden, binden, hauen, überzählige Triebe ausbrechen, graben, Steine herauslesen, reuten, jäten und mit Hilfe von Taglöhnern abgeschwemmte Erde wieder hinauftragen. An den entlang des damals noch hier  vorbeiführenden Schlossweges aufgerichteten „Trüetern“ (Spalieren) musste er die Reben hochziehen und mangelnde ersetzen. Im Herbst musste er, notfalls unter Hinzuziehung von Helfern, die Trauben rechtzeitig „wimbeln“ (lesen) und im Torkel abliefern. Ebenso musste er im dabei liegenden Obstgarten die Bäume pflanzen und pflegen, das Obst rechtzeitig abnehmen und in die Hofhaltung liefern. Einen kleinen Teil durfte er für den Eigenbedarf der Familie behalten. Den Grasboden im Einfang musste er dreimal mähen und heuen sowie die Wege sauber halten und die Steine herauslesen. Bei schlechtem Wetter und im Winter hatte er Holz zu spalten und im Schopf aufzustapeln. Selbstverständlich musste er den Weingarten stets verschlossen halten und durfte auch vom Hofgesinde niemand einlassen. Eigentlich viel Arbeit, wenn man es so liest, doch im Grunde nichts anderes, als was der Winzer heute noch im Lauf eines Jahres alles machen muss.

Natürlich verdienten auch andere Leute an den gräflichen Weingärten. Besonders im Herbst herrschte Hochbetrieb, wo dann auch Wimmler, Traubenträger, Zehentknechte, Küfer, Torkelmeister und Fuhrleute einen schönen Batzen Geld an Taglöhnen verdienen konnten. Graf Kaspar wollte den Wein aber nicht nur weiterverkaufen, sondern wegen des besseren Verdienstes auch in eigenen Wirtshäusern ausschenken. So kaufte er im Schwefel das Haus ob dem Keller zu einer Weinschenke und in der Dompropsteigasse um 700 Gulden das Wirtshaus des Jos Metzler, das er um 1060 Gulden zu einer Herrschaftstaverne ausbauen ließ. Für die durstigen Reisenden ließ er gleich vier Gasthäuser an die entlang des Rheins heraufführende Landstraße bauen: Zwei in Lustenau, eines an der Rheinlände in Emsbauern und eines bei Neuburg. Auch die Taverne in Vaduz wurde umgebaut. Graf Kaspar war somit nicht nur ein frühbarocker Feudalherr, sondern auch ein großer Weinbauer und Weinhändler.

Bernhard Babutzky, 1984

Benachrichtigungen (z.B. Veranstaltungshinweise, Warnhinweise) aktivieren? Aktivieren Ablehnen